Projektantrag

Familienfreundliche Konferenzen in den Geowissenschaften – Leitfaden für Maßnahmen und nachhaltiges Nutzungskonzept

Motivation und Zielsetzungen

Die Teilnahme an nationalen und internationalen Konferenzen, Seminaren und Workshops fördert nicht nur den fachlichen Austausch, sondern darüber hinaus auch das persönliche Networking. Dies ist besonders für junge Wissenschaftler*innen am Anfang ihrer beruflichen Karriere wichtig, um Kontakte für den Berufseinstieg oder zur Weiterbeschäftigung zu erhalten und Ansprechpartner*innen für potenzielle Kollaborationen zu finden.

Doch gerade für diese Gruppe der Early Career Scientists stellt sich nahezu gleichzeitig die Frage der Familienplanung. So betrug in Deutschland im Jahr 2020 das durchschnittliche Alter von Müttern beim ersten Kind 30,2 Jahre, das der Väter 33,2 Jahre (Statistisches Bundesamt, 2022a). Dieser Altersbereich fällt für Frauen genau in den Zeitpunkt des Promotionsstudiums bzw. des ersten Postdoktorats. Männliche Wissenschaftler sind im Durchschnitt 3 Jahre älter und haben somit bereits einen Vorsprung hinsichtlich der Berufserfahrung, des Netzwerkens und der Sichtbarkeit. Gleichzeitig wird die Carearbeit in Familien noch immer nicht gleichmäßig verteilt: Im Jahr 2020 waren zwei Drittel (65,5%) der Mütter in Teilzeit beschäftigt, während gleichzeitig nur 7,1% der Männer in Teilzeit arbeiteten (Statistisches Bundesamt, 2022b). Im Vergleich zum Jahr 2010 hat sich daran nur marginal etwas geändert (64,4% vs. 5,2%). Eine frühe Karriere in Teilzeit voranzutreiben ist schwer. Gleichzeitig ist die Elternschaft ein seltenes Bild im wissenschaftlichen Mittelbau deutscher Hochschulen. Nur etwa ein Drittel der Wissenschaftler*innen – egal welchen Geschlechts – haben Kinder (Metz-Göckel et al., 2014), aber etwa 80% der Wissenschaftler*innen hätten gerne Kinder (Schürmann & Sembritzki, 2017, Tab. 18). Ebenso sind kinderlose Professorinnen mit 62% in der deutlichen Mehrheit, während kinderlose Professoren mit 34% in der Minderheit sind (Metz-Göckel et al., 2014). Diese Zahlen machen umso deutlicher, dass die Gleichstellung noch nicht erreicht ist und dass es weiterhin einer strukturellen Änderung der Akzeptanz von Elternschaft im wissenschaftlichen Hochschulbetrieb bedarf. In einer Studie zur “Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie in Deutschland” stellen Kremkow & Sembritzki (2020) fest, dass viele Angebote der Hochschulen zur Förderung von Early Career Scientists mit Kindern existieren, allerdings sind einige Angebote, wie zum Beispiel die Förderung der Mitnahme von Kindern auf Konferenzen, schlicht unbekannt. Daher ist es wichtig, Wege zu finden, solche Maßnahmen im Fachbereich bekannt bzw. bekannter zu machen und Eltern, die im Wissenschaftsbetrieb arbeiten, miteinander zu vernetzen.

Es ist aktuell immer noch sehr schwierig, Nachwuchsbetreuung und wissenschaftliche Berufstätigkeit angemessen zu verbinden. Dieses trifft besonders auf Konferenzteilnahmen zu, die neben der täglichen Routine eine zusätzliche Herausforderung vor allem für wissenschaftlich arbeitende Mütter darstellen. Gerade für Wissenschaftlerinnen, die häufig nicht in ihrer Heimat leben und somit nicht auf eine unterstützende Kinderbetreuung durch die weitere Familie bauen können, ist dieses Thema nach wie vor belastend und kann sich negativ auf die jeweilige Karriere auswirken.

Fehlende Möglichkeiten zur Teilnahme an Konferenzen und Workshops benachteiligen junge Eltern eindeutig, und hier besonders die jungen Wissenschaftlerinnen, da die Kinderbetreuung auch heute immer noch vorrangig von den Müttern übernommen wird (Althaber et al., 2011). Auswirkungen der verminderten Kontakte in der Fachcommunity gegenüber kinderlosen bzw. männlichen Kollegen können verminderte Publikationen oder Zitationen sein, ebenso wie weniger Förderanträge.

In Folge der Covid19-Pandemie haben digitale und hybride Konzepte die Teilnahme von Eltern an Konferenzen und Workshops erleichtert. Mehrere Veranstaltungen haben diese angepassten Konzepte (bisher) beibehalten. Einige dieser Konzepte legen nicht nur Wert auf die Präsentationen, sondern auch auf die Networking-Komponente. So wurde zum Beispiel auf dem im September 2022 in Bonn in Präsenz ausgerichteten Annual Meeting der European Meteorological Society (EMS) – einer internationalen Konferenz mit über 1000 Teilnehmern – die digitale Plattform Gathertown genutzt, um die aktive Teilnahme an Vorträgen, zum Austausch und zum Netzwerken zusätzlich digital zu ermöglichen.

Der Frage, ob solche hybriden Konferenzangebote die persönliche Konferenzteilnahme in all ihren Facetten, besonders den Networking-Gedanken, der für junge Wissenschaftler*innen besonders wichtig ist, ersetzen können, soll in dem vorgeschlagenen Projekt nachgegangen werden. Gleichzeitig sollen Wünsche und Vorschläge der Wissenschaftler*innen zentral gesammelt und verfügbar gemacht werden.

Dieses Projekt behandelt die Fragestellung, wie Konferenz- und Workshop-Teilnahmen familienfreundlicher gestaltet werden können. Dabei konzentriert es sich auf den Bereich der Erdwissenschaften. Da uns bewusst ist, dass es sich um eine fachbereichsübergreifende Problematik handelt, erhoffen wir uns eine zukünftige Übertragbarkeit der erarbeiteten Methodik auf weitere Fachbereiche.

In einem ersten Schritt werden mögliche und bereits umgesetzte Methoden zur familienfreundlicheren Organisation von Konferenzen und Workshops zusammengetragen. In einem zweiten Schritt werden Workshops und Konferenzen im Bereich der Erdwissenschaften nach deren Familienfreundlichkeit klassifiziert. Im dritten Schritt werden die Erkenntnisse langfristig verankert und publiziert.

Geplante Maßnahmen und ihre Umsetzung

Um die Ziele des Projekts umzusetzen, sind drei Arbeitspakete (AP) geplant, die mit konkreten Fragestellungen verbunden sind:

Arbeitspaket (1): Was zeichnet eine familienfreundliche Konferenz aus? Welche universitätsinternen Unterstützungsangebote gibt es bereits?

Geplante Maßnahmen:

Zusammentragen von existierenden und gewünschten Maßnahmen, die eine Konferenz bzw. einen Workshop familienfreundlich gestalten. Auflistung von universitätsinternen Unterstützungsangeboten des zentralen Gleichstellungsbüros

Umsetzung:

  • Literaturrecherche zu entsprechenden existierenden Maßnahmen und Angeboten
  • Umfrage bei Wissenschaftler*innen in den Geowissenschaften, welche Maßnahmen sie sich wünschen würden, auch hinsichtlich von familienfreundlichen Zeiten und Formaten (digital, hybrid) sowie eigener positiver wie negativer Erfahrung. Die Umfrage bezieht sowohl Eltern als auch Wissenschaftler*innen ohne Kinder ein. Dadurch soll festgestellt werden, welche Maßnahmen die Akzeptanz der Kindermitnahme zu Konferenzen/Workshops steigern können. Die Umfrage wird über verschiedene Email-Verteiler (z.B. University Partnership for Atmospheric Sciences, UPAS, www.meteo-upas.de, Email-Verteiler der Fachgruppe Erdwissenschaften), Kanäle (z.B. Soziale Medien) und persönliche Netzwerke verteilt, um eine mögliche große Reichweite zu erhalten. Zeitgleich wird abgefragt, welche Konferenzen üblicherweise besucht werden, um die Recherche der existierenden Maßnahmen zu unterstützen.

Ergebnisse:

Erstellung eines Leitfadens für Konferenz-Organisatoren mit existierenden und gewünschten Maßnahmen zur familienfreundlichen Organisation von Konferenzen oder Workshops. Der Leitfaden wird zum Beispiel in der wissenschaftlichen Veröffentlichung aus AP (3) und auf einer in AP (3) angelegten Webseite zugänglich gemacht. Der Leitfaden soll zudem genutzt werden, um die Organisation institutsinterner Veranstaltungen längerfristig familienfreundlicher zu gestalten.

Geplante Maßnahme:

Zusammentragen der wichtigsten Konferenzen/Workshops in den Geowissenschaften und der dort bereits existierenden Maßnahmen.

Umsetzung:

  • (Internet-)Recherche nach Konferenzen/Workshops in den Geowissenschaften und der angebotenen Maßnahmen zur Familienfreundlichkeit und direkte Anfrage bei den jeweiligen Konferenzen/Workshops. Da immer wieder neue Konferenzen/Workshops entstehen, soll die Liste über das Ende der Projektlaufzeit hinaus vervollständigt und aktualisiert werden. Außerdem kann sie auf weitere Fachbereiche ausgeweitet werden. Hierfür können Konferenzen/Workshops zusammen mit jeweiligen familienfreundlichen Maßnahmen über die in AP (3) eingerichtete Webseite mitgeteilt werden.
  • Organisator*innen von Konferenzen ansprechen, ob sie Ideen realisieren können, um die Teilnahme familienfreundlicher zu gestalten bzw. Aufzeigen von Verbesserungsmöglichkeiten.
  • Kontaktliste für die Konferenzen/Workshops erstellen
  • Die erstellte Liste wird auch nach der Projektlaufzeit einmal jährlich überprüft (die Konferenzen/Workshops werden per Email angeschrieben), ob sich Änderungen bezüglich ihrer entsprechenden Maßnahmen ergeben haben.

Ergebnisse:

Ein 'Konferenz-Ranking' bezüglich der erarbeiteten familienfreundlichen Maßnahmen, das jährlich – auch über die Laufzeit des Projekts hinaus – aktualisiert wird.

Arbeitspaket (3): Wie können die Ergebnisse kommuniziert und verbreitet werden?

Geplante Maßnahme:

Verbreitung der Projektergebnisse

Umsetzung:

  • Veröffentlichung der Projektergebnisse aus AP (1) und (2) auf einer eingerichteten Webseite, in einer wissenschaftlichen Publikation (angestrebt wird International Journal of STEM Education des SpringerOpen Verlags), in Newslettern (universitätsintern und universitätsübergreifend, z.B. via UPAS), in sozialen Medien, in Konferenz-Informationen und weiteren Netzwerken der Professoren in der Meteorologie/Geowissenschaften.
  • Einrichten eines mindestens halbjährlich stattfindenden Kolloquiums, bei dem die Angebote der Gleichstellungsstelle der Universität Bonn und die Ergebnisse dieses Projekts (das ‘Konferenz-Ranking’) regelmäßig kommuniziert werden. Dieses Kolloquium soll gleichzeitig der weiteren uni-internen Vernetzung von Eltern und Frauen in der Wissenschaft dienen. Zunächst ist ein fachgruppeninternes Kolloquium angedacht, das bei Bedarf in seiner Frequenz erhöht und auf andere Fachgruppen ausgeweitet werden kann. Dafür müssen Kontaktlisten erstellt werden und der bestmögliche Zeitpunkt im Semester bestimmt werden.
  • Informationsmaterial zu den Ergebnissen des Projekts wird gestaltet, z.B. in Form von Postkarten mit Hinweis auf die Webseite.
  • Die Ergebnisse werden in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht, um möglichst viele Interessierte zu erreichen.
  • Die Nachhaltigkeit des Projekts wird durch die Pflege der erarbeiteten Webseite gesichert. Zusätzlich ist Jun.-Prof. Esters bereit, die längerfristige Einrichtung des Kolloquiums und Aktualisierung der Webseite – auch über die Projektdauer hinaus – zu betreuen. Dafür wird sie die in AP (2) gesammelten Konferenzen jährlich anfragen und die Webseite anpassen.
  • Ausblick: Die Methoden (aus der ersten Projektphase/Zusammentragen von Methoden, Konferenzen familienfreundlich zu gestalten) können auf weitere Fachgebiete übertragen werden, und die angegebene Webseite wird gerne ergänzt werden. Auch hierfür bleibt Jun.-Prof. Esters als Ansprechperson erhalten.

Ergebnisse:

Eine Webseite mit den Ergebnissen aus AP (1) und (2), die jährlich überarbeitet wird, eine wissenschaftliche Veröffentlichung und die Einführung eines halbjährlich stattfindenden fachgruppeninternen Kolloquiums, das auf Angebote und Neuerungen hinweist und neue Vorschläge aufnimmt.


Kontakt

Für Fragen oder Ideen bezüglich des Projektes können Sie uns über unsere E-Mail Adresse ffc2023@uni-bonn.de oder den untenstehenden Kontaktdaten erreichen.

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Lisa Schielicke

Lehrstuhlinhaberin, Vertretung

1.003

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Leonie Esters

Juniorprofessorin

1.010

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Elena Päffgen

U1.001

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